„Das Uran muss in der Erde bleiben“
Am gestrigen Abend wurde im Alten Rathaussaal in München der Nuclear-Free Future Award 2014 feierlich verliehen.
Die Preisträger – Golden Misabiko aus der Demokratischen Republik Kongo, Aileen Mioko Smith aus Japan, Joseph Laissin Mailong aus Kamerun sowie Edmund Lengfelder und Hans Schuierer aus der Oberpfalz – waren sich in einem einig: „Das Uran muss in der Erde bleiben“. Nur so wird der Atomwirtschaft weltweit die Grundlage entzogen.
„Uran führt zu keiner nachhaltigen Entwicklung“, sagte Golden Misabiko in seiner Dankesrede. „Es führt zu einer Verarmung der Menschen, die das Pech haben, Uran unter ihren Füßen zu haben. Deshalb müssen wir die Uranindustrie und alle ihre nuklearen Aktivitäten in Afrika und in der ganzen Welt beenden.“ Seit Jahrzehnten streitet der 1956 in der heutigen Demokratischen Republik Kongo geborene Misabiko gegen die Machenschaften der Atomindustrie in Afrika und für die Einhaltung der Menschenrechte – davon ließ er sich weder durch willkürliche Inhaftierung noch durch Folter abbringen. Für seinen Einsatz wurde Golden Misabiko mit dem Nuclear-Free Future 2014 in der Kategorie Widerstand geehrt. „Golden Misabiko sagt den Menschen die ungeschminkte Wahrheit über die Folgen der nuklearen Kette, die mit dem Uranbergbau beginnt und mit Strahlenmüll endet“, betonte Laudator Winfried Eisenberg von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW.
In der Kategorie Aufklärung erhielt die Japanerin Aileen Mioko Smith den Nuclear-Free Future Award. „Wir verdanken ihr ein tiefes Verständnis der atomaren Situation in Japan“, fasste Laudatorin Linda Gunter von der US-amerikanischen Organisation „Beyond Nuclear ihre herausragende Leistung zusammen. Was das heißt, führte die Preisträgerin dann dem gesamten Publikum vor Augen: „Der Preis ist höchst dringlich, der Atomkraft in Japan ein Ende zu setzen“, sagte sie. „Heute läuft in Japan kein einziges Atomkraftwerk mehr. Aber die Regierung will die Atomkraft in Japan wieder in Gang bringen, 20 Betriebsgenehmigungen sind bereits neu gestellt. Wir Atomkraftgegner müssen in Japan jetzt auch unser Wirtschaftswissen erweitern, damit wir nicht nur zeigen können, wie Japan dauerhaft aus der Atomkraft aussteigen kann, sondern dass das auch für die Wirtschaft besser ist.“
Da ist Kamerun bereits einen Schritt weiter – und hat dies auch Joseph Laissin Mailong zu verdanken, der in der Kategorie „Lösung“ mit den Nuclear-Free Future Award für seine Leistung geehrt wurde. „Er hat eine Vision“, sagte die Fernsehjournalistin Angelica Fell in ihrer Laudatio, „er will Licht ins Dunkel bringen und selbst die entlegensten Regionen Kameruns mit Strom aus Wind und Sonne versorgen. Joseph – das ist die Geschichte eines Mannes, der in einer nuklearfreie Welt allen ein besseres Leben bieten will.“ Denn Kameruns Mister Windpower, wie Joseph Laissin Mailong auch genannt wird, installiert seit Jahren Kleinwindanlagen im Süden und Nordwesten des Landes, um dort Menschen in abgelegenen Regionen mit Strom zu versorgen. Und seinen Schülern lehrt er, dass der Strom regenerativ und atomfrei erzeugt werden muss. „Viele Afrikaner und Kameruner wissen noch nicht, welchen Schaden nicht erneuerbare Energien verursachen“, sagte er in seiner Dankesrede. Aber ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam den Kampf für eine atomstromfreie Zukunft gewinnen.“
Zwei Oberpfälzer erhielten für ihr Lebenswerk den Ehrenpreis: Prof. Dr. Dr. h.c. Edmund Lengfelder, geboren 1943 in Weiden in der Oberpfalz, und Hans Schuierer, geboren 1931 in Klardorf im Landkreis Schwandorf. Der Strahlenbiologe und Arzt Lengfelder war nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl sofort vor Ort, um sich mit eigenen Augen ein Bild zu machen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gründete er in Gomel, der Hauptstadt der am meisten kontaminierten Region in Weißrussland, ein medizinisches Zentrum, in dem er zusammen mit den örtlichen Ärzten weit über 100.000 an der Schilddrüse erkrankte Kinder und Erwachsene behandelt hat. Was er dort erfahren und erforscht hat, verbreitet er bis heute, um die Gesellschaft vor den Gefahren der Atomtechnik zu warnen.
Der Politiker Hans Schuierer hat von dem Moment an, in dem er als Landrat in Schwandorf im Amt war, nie seine Verantwortung gegenüber den Bürgern vernachlässigt. Als er gezwungen war, zur Atomenergie eine Entscheidung zu treffen, hat er sich informiert und ein eigenes Urteil gebildet – und kam zu einem eindeutigen „Nein“ hinsichtlich der Wiederaufbereitungsanlage (WAA), die in Wackersdorf gebaut werden sollte. Er hat sich als einziger Landrat in Bayern jahrelang und energisch der Politik der Bayerischen Staatsregierung widersetzt und den Widerstand der Bevölkerung vor Ort unterstützt. Er hat gezeigt, wie ein einzelner den Lauf der Geschichte verändern kann, in dem er schlicht seinem gesunden Menschenverstand gefolgt ist.
„Sturheit sagt man den Oberpfälzern nach“, sagte SZ-Journalist Heribert Prantl, selbst ein Oberpfälzer“, in seiner Laudatio über die beiden Ehrenpreisträger. „Das ist nicht ganz richtig – sie sind nachhaltig. Wir ehren zwei große Widerständler“, betonte Prantl und fügte augenzwinkernd hinzu: „Selig sind die Widerständler – denn sie werden uns die Heimat erhalten.“
Nach der Verleihung der Preise fasst Franz Moll, einer der Initiatoren des Nuclear-Free Future Awards, die politische Situation in folgender Forderung zusammen: „Wir müssen einen Bann des Uranbergbaus durchsetzen.“ Das würde tatsächlich weltweit das Ende der Atomwirtschaft bedeuten.
Der Nuclear-Free Future Award ehrt weltweit Menschen und Initiativen, die – teils unter Einsatz ihres Lebens – mitwirken, das Atomzeitalter zu beenden. Die Preisverleihung fand im Rahmen des Münchner Klimaherbstes unter der Schirmherrschaft von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter statt. Die Preise in den Kategorien Widerstand, Aufklärung und Lösung waren mit je 10.000 US-Dollar dotiert.
Weitere Informationen unter: http://www.nuclear-free.com